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08.12.2020

Der Jahreswechsel mit Machupicchu

Sie werden fragen, was Machupicchu mit dem Jahreswechsel zu tun habe. 

Die Antwort ist einfach: 
Auf der höchsten Stelle von Machupicchu befindet sich eine Sukanqa oder ein Intiwatana (oder Intihuatana) und diese Steinsäule diente zum Zählen des jährlichen Erscheinens der Sonne an derselben Stelle am Firmament also zum Feststellen des Jahreswechsels, allerdings zur Zeit als sich der geografische Nordpol noch in Grönland befand.

© Carl Niemann: Wintersonnenwende in Machu Picchu



Erwin Salazar Garcés, der astronomische Direktor des Cuscoer Planetariums schreibt zum Intiwatana (ASTRONOMIA INKA, LIMA 2014, ISBN 978-612-45950-4-2):

In allen großen Zeremonienzentren und Städten von Tawantinsuyu (= das Reich der Inka) gab es Sukanqas (=Steinsäulen), mit denen Beobachtungen und rituelle Zeremonien für den Sonnengott durchgeführt wurden. Nur eine von ihnen befindet sich in ihrem ursprünglichen Zustand und wurde durch den Prozess namens "Ausrottung der Götzendiener" nicht zerstört. Es ist der sogenannte "Intiwatana" von Machupicchu. Wenn man im Internet das Wort “Intiwatana“ sucht oder einen uninformierten Führer fragt, wird man von beiden dezidiert gesagt bekommen, das Wort bedeute „die Stelle, wo man die Sonne anbindet“, einfach weil diese Erklärung eine sehr leichte und allgemeinverständliche Schlussfolgerung darstellt.

Aber welche Bedeutung hat dieses Wort wirklich? „Intiwatana“ stammt von zwei Komponenten ab: Inti = Sonne, wata = Jahr und die Komplettierung mit dem Suffix na zeigt eine Möglichkeitsform an. Mit diesem Modus wird watana zu einem Ausdruck der „anualizacion“ (= jährliche Wiederkehr des Endes oder Ende eines Zyklus, einer Epoche). Aber „watana“ mit anbinden zu übersetzen ist demzufolge falsch. Kann man an die Sonne „anbinden“? Könnte sich ein einfacher Sterblicher trauen, eine Gottheit anzubinden? Weder symbolisch noch metaphorisch kann solch eine Sache akzeptiert werden.

Das Wort "Intiwatana" tauchte erst im neunzehnten Jahrhundert auf, als 1856 Clements Markham einen großen Felsen beschrieb, welcher sich oberhalb von Ollantaytambo befindet. 1877 wiederholte George Squier die Bezeichnung „Intiwatana“ in seinen Texten über die Benennung der Sukanqas. Schließlich wurde es populär, als Bingham sein berühmtes Buch veröffentlichte. Kein Chronist nahm Bezug auf die Bezeichnung „Intiwatana“, daher schlussfolgerte man, dass das eine Quechua - Wortschöpfung ist, ein Wort, das nachträglich aufgenommen wurde und andere ersetzt, welche diese Steinartefakte repräsentieren, diese Sukanqas oder steinerne Gnomone, die zur Beobachtung der verschiedenen Sonnenpositionen bestimmt waren.

Die Archäoastromie konnte bisher noch nicht mit Präzision die astronomische Funktion des „Intiwatana“ von Machu Picchu erklären. Für die Projektion des Schattens, welchen die Sonne während den Wenden und den Tag- und Nachtgleichen machen würde, gibt es keine Mauern oder Stellen in seiner Umgebung wo er sich abbilden müsste, weder Markierungen, Punkte, Fenster, Steine oder irgendetwas was als Bezug dienen könnte. Mit dem „Intihuatana“ von Machu Picchu sind wahrscheinlich einige Details gerettet, die uns der Astronomie näherbringen, aber es ist noch nichts entdeckt worden. Das ist eine ungelöste Aufgabe

siehe auch: Erkenntnisse über Machu Picchu 

Dennoch bleibt die Frage zu klären, warum der Intihuatana in Längsrichtung gerade mit dem Azimut von 135,4° aufgestellt worden ist. 

Dafür gab es bisher noch keine Antwort. Aber mit dem Grönland-Norden, dem Azimut von 21,7° und unter Beachtung dessen, dass Machupicchu auf 7,3° nördlicher Breite lag, ergeben sich die Azimute 66,3° für den Aufgang der Sonne zur Sommersonnenwende und 113,7° für den Aufgang der Sonne zur Wintersonnenwende. Wenn die Azimute 21,7° und 113,7° summiert werden erhält man 135,4°, das Azimut für die rezente Längsrichtung des Intihuatana. Damit wird klar, dass die Funktion des Intihuatana darin bestand, dass er ursprünglich die Richtung des Sonnenaufganges zur Wintersonnenwende anzeigte (siehe folgendes Bild). So konnte der Tag der Wintersonnenwende beziehungsweise des Jahreswechsels festgestellt werden.

© Carl Niemann: Die Lage des Intihuatana von Machu Picchu