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12.01.2015

Krustenverschiebung versus Polverschiebung

Unsere Erde, global geophysikalisch betrachtet, besteht bekanntermaßen aus einer hauptsächlich eisernen (32,1 Volumen %) Vollkugel mit fester Kruste und mehr oder weniger flüssigem Inneren. "Hauptsächlich eisern", weil alle anderen festen Komponenten mit weniger als 15 Volumen % vorhanden sind. Dieser relativ hohe Eisenanteil verdient deshalb eine besondere Bedeutung, weil sämtliche Erscheinungen des Magnetismus auch von der Konfiguration und Menge des Eisens abhängen. Zahleiche Untersuchungen haben ergeben, dass die Kruste aus den relativ leichten (2,7 g/cm³) und dicken (30 bis 60 Km) Kontinentalplatten sowie aus den relativ schweren (3g/cm³) und dünnen (5 bis 9 Km) Ozeanplatten besteht. Diese Kontinental- und Ozeanplatten bewegen sich nach den Gesetzen der Isostasie und der Rotation, die übrigens eine beträchtliche, mittlere Geschwindigkeit von 464 m/s an der Oberfläche der Kruste (am Äquator) aufweist. Alfred Wegener begründete bereits 1915 diese Bewegung und damit die Krustenverschiebung mit seinem Werk "Die Entstehung der Kontinente und Ozeane" (siehe Nachdruck der 1. Auflage 1915 und 4. umgearbeiteten Auflage 1929, Gebr. Borntraeger Verlagsbuchhandlung, Berlin Stuttgart 2005). Er schrieb von partieller und gesamter Krustenwanderung und in diesem Zusammenhang auch von der Polverschiebung.
Auf Grund der vielfach unterschiedlichen und teils "verschwommenen" Darstellungsweisen von Polbetrachtungen auch in der wissenschaftlichen Literatur, soll an dieser Stelle eine kurzgefasste Definition der Pole der Erde eingeschoben werden, auch wenn es für Viele banal erscheint:
  1. Ein Pol ist ein Punkt auf der Erdoberfläche.
  2. Es muss zwischen geografischen, geomagnetischen und magnetischen Polen unterschieden werden.
  3. Die geografischen Pole befinden sich grundsätzlich an den Schnittpunkten der Rotationsachse mit der Oberfläche.
  4. Die geomagnetischen Pole sind die Schnittpunkte der Achse des theoretisch, aus der Mittelung des Feldlinienverlaufes berechneten Magnetfeldes mit der Oberfläche.
  5. Die magnetischen Pole sind tatsächlich an der Oberfläche gemessene Feldstärkemaxima.  

Was muss man nun unter Krustenverschiebung oder Polverschiebung verstehen? Oder sind Krustenverschiebung und Polverschiebung ein Synonym? Zunächst gilt es festzustellen, dass Krustenverschiebung und Krustenwanderung einerseits und Polverschiebung und Polwanderung andererseits jeweils das Gleiche beinhaltet. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass heute die "Verschiebung" gebräuchlicher benutzt wird und Wegener eben von "Wanderung" schrieb. Jedenfalls wurde von Wegener die Problematik bis heute gültig, unübertroffen klar und für Jeden verständlich dargestellt: 

"Es ist meines Erachtens von großer Wichtigkeit, die Polwanderungen in der angegebenen Weise als oberflächliche zu definieren und auf diese Weise die Streitfrage, ob sie durch Verschiebung der Kruste über ihre Unterlage oder durch innere Achsenverlagerung entstehen, von der Feststellung der Realität zu trennen. In der bisherigen Literatur ist das nicht geschehen, und die Folge davon sind Unklarheit und Verwirrung.. Bisher werden Polwanderungen von Geologen empirisch nachgewiesen (bzw. die heutige Polwanderung von den Geodäten aus Breitenbestimmungen abgeleitet), manche Geophysiker bestreiten aus theoretischen Gründen ihre Möglichkeit, und eine dritte Klasse von Autorenmacht den Vermittlungsvorschlag, sie bestünden nicht in inneren Achsverlagerungen, sondern nur in Drehung der Kruste über ihre Unterlage. Um aus diesen Unklarheiten herauszukommen, ist eine strengere Begriffsbildung nötig, und der erste Schritt dazu ist der, daß wir Polwanderungen als oberflächliche definieren; solche oberflächliche Polwanderungen sind sowohl für die geologische Vorzeit wie für die Gegenwart nachgewiesen, und es hat also keinen Sinn, über ihre Möglichkeiten zu diskutieren. Unter Krustenwanderung und Krustendrehung wollen wir die Bewegung der Erdkruste relativ zu ihrer Unterlage verstehen." 
Also ist es gleichgültig, ob es sich um Polverschiebung oder Achsenverschiebung handelt. In jedem Falle äußert sich diese Verschiebung als Bewegung der Kruste in Bezug auf die Achse. 
Wegener nannte als mögliche Gründe der Krustenverschiebung, die Polverschiebung eingeschlossen, an erster Stelle die Rotation der Erde mit allen damit zusammenhängenden Folgen und Einflüssen wie die Strahlung der Sonne und des Weltalls, die Gravitationswirkung der Sonne und des Mondes, die Strömungen der Luft- und Wasserhülle sowie die Strömungen des zähflüssigen Erdinneren. Alle diese Einflüsse bewirken relativ langsame Krustenbewegungen in geophysikalischen Zeiträumen. Deshalb schreibt Wegener von "Wanderungen". Was aber bei Wegener keine Rolle spielte, sind die Einschläge kosmischer Geschosse wie Asteroiden und Kometen, die zweifellos je nach Größe, Geschwindigkeit und Richtung ebenfalls Einfluss auf die Erde ausübten wie Rotationsgeschwindigkeit, Achsneigung und Krustenverschiebung. Aus der mit Einschlägen übersäten Oberfläche des Mondes und der Planeten ist die Schlussfolgerung zwingend, dass auch die Erde von zahlreichen "Geschossen" getroffen wurde. Zu Wegeners Zeit gab es kaum wissenschaftlich fundierte Kenntnis von akzeptierten Einschlagkratern. Inzwischen sind über 200 solcher auf dem Lande aller Kontinente identifiziert. Zu diesem Thema kann ein hervorragendes Buch von Duncan Steel empfohlen werden "Zielscheibe Erde", ISBN 3-440-08980-0. 
Nun lässt sich mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, dass ein Einschlag als sehr plötzliches Ereignis auch eine geophysikalisch plötzliche Krustenverschiebung auslöste (auslösen wird). Insofern wird es verständlich, dass der Begriff Krustenverschiebung oder Polverschiebung die "Wanderung" und eine plötzliche Verschiebung umfasst, somit also eine höhere Allgemeingültigkeit beinhaltet. 
Um den Zusammenhang der Polverschiebung oder Krustenverschiebung zum Magnetismus zu verdeutlichen, gilt es noch auf Folgendes hinzuweisen. Nach allgemein anerkanntem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis:

  1. nimmt der Eisenanteil und damit die magnetische Relevanz mit der Tiefe zu;
  2. nimmt die Temperatur mit der Tiefe zu;
  3. verschwindet die magnetische Wirkung von Eisen bei Temperaturen über 768°C (Curie- Temperatur), die bereits in einer Tiefe von 15 bis 20 Km erreicht wird;
  4. beinhalten die Ozeanplatten, sich in einer maximalen Tiefe von 9 Km befindend, einen wesentlich höheren Eisengehalt als die Kontinentalplatten, sich bis in 60 km Tiefe befindend.

Aus diesen vier Punkten wird klar, dass die magnetische Wirksamkeit des Eisens nur eine oberflächliche ist (maximal bis 20 km tief) und dass die Kontinentalplatten magnetisch wesentlich schwächer wirken als die Ozeanplatten. Demzufolge gilt zwangsläufig, dass jede Krustenverschiebung auch eine Verschiebung des Magnetfeldes zur Folge hat.
 


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